Štož milinu dale podróša (němsce)
von Matthias Hermstein
Der Strompreis ist seit einigen Jahren ein beliebtes Gesprächsthema in allen gesellschaftlichen Schichten. Politiker machen damit Wahlkampf, einige Zeitungen und Fernsehgesprächsrunden titeln gar „Armutsrisiko Energiewende“. Denn an der Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, soll es liegen. Diese soll ab 2014 noch einmal um fast einen Cent steigen. Damit wird der deutsche Durchschnittshaushalt mit 2,50 Euro im Monat zusätzlich belastet.

Stromverbrauch in Deutschland
Doch was steckt hinter dem Strompreis? Ist es nur die EEG-Umlage, die für die hohen Kosten verantwortlich ist? Gibt es Möglichkeiten, die Stromkosten für Haushalte sogar zu reduzieren?
Fakt ist, dass die Strompreise für Haushalte seit Jahren steigen, von 13,94 ct/kWh im Jahr 2000 auf 28,74 ct/kWh 2013. Den selben Zeitraum betreffende Strompreissteigerungen der Industrie hingegen fielen geringer aus.
Strompreisentwicklung für Haushalte und Industrie
Rund die Hälfte des Strompreises für die deutschen Haushalte machen die ebenfalls gestiegenen Erzeugungs- und Vertriebskosten aus, und dass, obwohl der Preis für Strom an der Leipziger Strombörse (EEX) seit Jahren relativ konstant und günstig ist. Zuletzt lag er zeitweilig im negativen Bereich, weshalb die Strombezieher (meist große Energiekonzerne) für ihren verbrauchten Strom sogar Geld zurück bekamen (der sogenannte Merit-Order-Effekt, siehe Kasten). Die niedrigen Börsenpreise werden von den gewinnorientierten Unternehmen nicht auf die Endkunden umgelegt.
Doch die Industrie profitiert noch auf andere Art: Braucht ein Betrieb besonders viel Strom, kann er sich fast vollständig von der EEG-Umlage befreien lassen. Von diesem Recht machen auch die Stromerzeuger reichlich Gebrauch, so dass 2012 auf gut die Hälfte des industriellen Stromverbrauchs kaum EEG-Umlage gezahlt wurde. Die Mindereinnahmen müssen durch die Haushalte und das Gewerbe gedeckt werden.
Ein weiteres Geschenk an die großen Unternehmen ist die Stromsteuer. Sie wird hauptsächlich zur Subventionierung des Steinkohlebergbaus herangezogen, nachdem der „Kohlepfennig“ 1994 abgeschafft wurde. Zudem werden mit ihr ein Teil der Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung beglichen. Ein weiterer Bonus für die Unternehmen: Auf Antrag kann die Stromsteuer zurückerstattet werden. Deutschland verschenkt so jährlich etwa zwei Milliarden Euro.
Zusammensetzung des Strompreises für deutsche Haushalte 2013
Bei solchen Summen fallen die kleineren Beträge der Kraft-Wärme-Kopplungs (KWK)-, § 19- und Offshore-Umlage kaum auf. Aber auch hier werden großen Unternehmen Kosten erlassen, die auf die Allgemeinheit umgeschlagen werden.
Ohne die Bevorteilung der Unternehmen zu Lasten der Haushalte und Gewerbe wären, nach den Berechnungen der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die Stromkosten für die privaten Haushalte um mehr als sieben Cent geringer. Diese Ungleichheit hat auch die Europäische Kommission auf den Plan gerufen. Im Dezember 2013 eröffnete sie ein Verfahren wegen unfairen Wettbewerbs. Die Chancen stehen gut, dass die deutschen Haushalte zukünftig einen fairen Strompreis zahlen werden, ohne die großen Unternehmen mitzufinanzieren.
Die EEG-Umlage und der Merit-Order-Effekt
Der Preis für Strom wird durch das jeweils teuerste Kraftwerk bestimmt, das noch benötigt wird, um die Stromnachfrage zu decken. In Zeiten hoher EEG-Strom-Einspeisung verdrängt der (billige) EEG-Strom den Strom aus den teuersten konventionellen Kraftwerken und senkt so den Börsenpreis.
Werden bei einem großen Angebot von Strom aus Erneuerbaren Energien und gleichzeitig geringer Stromnachfrage konventionelle Kraftwerke nicht ausreichend gedrosselt oder abgeschaltet, sinken die Strombörsenpreise so stark, dass es zu negativen Strombörsenpreisen kommt. Wer dann entsprechend dem Börsenpreis Strom bezieht, muss dafür nicht zahlen, sondern erhält für jede abgenommene Megawattstunde Geld.
Da sich die EEG-Umlage aus dem Unterschied von Einnahmen und Ausgaben bei der Vermarktung des EEG-Stroms berechnet (siehe Grafik), wird sie durch einen niedrigen Börsenpreis (also geringere Einnahmen durch Stromverkauf bei gleich bleibenden Ausgaben) entsprechend höher. Da die stromintensiven Betriebe fast vollständig von der EEG-Umlage befreit sind, belastet der Merit-Order-Effekt die deutschen Haushalte zusätzlich um ca. 1ct je kWh.
(Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien e.V.: Renews Spezial Nr. 52: Kosten und Preise für Strom)
Weiterführende Literatur
luxemburg argumente Nr. 4 (März 2013): Armutsrisiko Energiewende? Mythen, Lügen, Argumente
Agentur für Erneuerbare Energien e.V.: Renews Spezial Nr. 52: Kosten und Preise für Strom
BEE-Hintergrund zur EEG-Umlage 2013 (vom 15.10.2012): Bestandteile, Entwicklung und Höhe