Zrozumliwe wopodstatnjenje za brunicu? (němsce)
von Adrian Rinnert
Das Abschalten der Atomkraftwerke mache die Braunkohleverstromung unverzichtbar für eine gelingende Energiewende, lautet die Begründung der Befürworter neuer Tagebaue in der Politik. Grund dafür könnte ein Umstand sein, den diese Politiker jedoch nie ansprechen.
Es ist nämlich nicht die Netzstabilität, die derzeit der deutschen Energiepolitik Sorgen bereitet, sondern es sind die Rücklagen der Atomindustrie, mit denen die Entsorgung des Atommülls und der alten Atomkraftwerke bezahlt werden soll. 36 Milliarden Euro sollen es sein, die die Konzerne EON, RWE und Vattenfallsteuerfrei als Rücklage von ihrem Gewinn zurückgelegt haben.
Alle drei Konzerne sind derzeit verschuldet. Bei »Rücklagen« – so denken die meisten Menschen – handelt es sich wohl um Mittel, die irgendwie separat und krisensicher aufbewahrt werden und nur für die entsprechenden Zwecke – für Entsorgung und Behebung von Umweltschäden etwa – genutzt werden dürfen. Weit gefehlt. Rücklagen werden gern zur Quersubventionierung im Konzern genutzt und können dann bestenfalls als »bilanzielle Rücklagen« bezeichnet werden. Wenn das Geld dann plötzlich »weg« ist, muss die Allgemeinheit für die Kosten aufkommen.
»Vattenfall hat das größte Problem. Das Unternehmen hat mit den Rückstellungen für die Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel massiv in die ostdeutsche Braunkohle investiert. Im Zuge der Energiewende muss es aber auch einen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung geben. Wenn es der Braunkohle aber an den Kragen geht, sind die Rückstellungen weg.« sagt Felix Matthes vom Öko-Institut in einem Interview der Frankfurter Rundschau (14. Mai 2014).
Wenn also die Braunkohleindustrie der Lausitz die Rückstellungen für die Atomindustrie darstellt und diese Mittel nun für den Rückbau und die Entsorgung der Atomkraftwerke eingesetzt werden müssen, dann erklärt sich auch das große Interesse der Politik an neuen Tagebauen. Wird die Lausitzer Braunkohleindustrie durch weitere genehmigte Abbaugebiete weiter am Leben erhalten, steigt die Sicherheit für den Unternehmer und auch der Verkaufswert, den Vattenfall erzielen würde, wenn das Unternehmen, wie bereits häufiger in der öffentlichen Diskussion vermutet, die Sparte verkauft.
Somit sichert der Bund durch das Festhalten an der Braunkohle die Rücklagen, für die er am Ende ansonsten selbst aufkommen müsste. Die Begründung für den Aufschluss neuer Tagebaue »Zum Wohle der Allgemeinheit« bekommt damit eine neue Dimension: Sie ist plötzlich nicht mehr allein im Sinne der Energiesicherheit gemeint, sondern dient der Sicherung von Geldern für die Entsorgung von Hinterlassenschaften der deutschen Atomindustrie.
Die Verantwortlichen für den »Schaden an der Allgemeinheit«, nämlich den verspielten steuerfreien »bilanziellen« Rücklagen, werden dabei allerdings in keinster Weise für das verzockte Geld zur Rechenschaft gezogen. Ihre offenen Rechnungen lassen sie unter anderem von denjenigen bezahlen, die in der Lausitz ihre Heimat aufgeben sollen – zum Wohl der Allgemeinheit.
Bleibt eine letzte Frage: Wofür wurden die bilanziellen Rückstellungen für die Braunkohlebergbaufolgen eingesetzt?