Strukturnu změnu nětko – žane Wochozy II!
Strukturnu změnu nětko – žane Wochozy II! Akciski zwjazk přećiwo planowanej jamje Wochozy II

Strukturna změna we Łužicy – štó wě, kak to dźe? (němsce)

Veranstaltungsbericht von Ursula Eichendorff

Am Donnerstag, 17. Juli 2014, lud die LINKE zu Vortrag und Diskussion ein. Vorgestellt wurden zwei aktuelle Studien, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Thema »Zukunft der Lausitz« näherten.

Die Kurzstudie von Frank Kutzner setzte sich unter dem sperrigen Titel »Analyse des Forschungs– und Konzeptstandes zur zukünftigen Entwicklung der Lausitz mit und ohne Braunkohleausstiegspfad« mit eben diesem Stand auseinander: Kutzner sichtete alle relevanten Studien, die sich sowohl national als auch international mit Bergbauregionen und ihrer Entwicklung nach Schließung des Bergbaus beschäftigen. In diesen Studien suchte er nach Ideen und Konzepten, wie und wann eine neue Perspektive für eine Bergbauregion am besten aufgebaut werden könne. Sein Fazit: Es gibt in den internationalen Studien – gute – Ideen und Hinweise, was beachtet werden könnte. Für die Lausitz sind jedoch noch viele offene Fragen zu klären, bevor eine Entwicklungsstrategie erarbeitet werden kann. Dafür empfiehlt er ein breit angelegtes Forschungsprogramm.

Dagmar Schmidt beschäftigte sich in »Plan A für die Lausitz«, einer Voruntersuchung für ein Forschungsprogramm, mit der Frage: Welches Potential gibt es, aus der Mitte der Gesellschaft heraus ein neues Leitbild für ein gutes Leben in der Lausitz zu entwickeln? Dafür sprach sie in Interviews mit Unternehmen, Vereinen, Institutionen, Gewerkschaften und ehrenamtlich engagierten Menschen.
Im Vordergrund stehe bei den Befragten der Wunsch, die Lausitz sowohl sozial–, wirtschafts–, als auch umweltverträglich weiterzuentwickeln. Dabei stelle der Braunkohleabbau den wichtigsten zu berücksichtigenden Einzelfaktor für die Zukunftsdebatte der Region dar. Egal jedoch, wann ein Ausstieg erfolge, der Wunsch nach Veränderung liege in der Luft.
Aus den Erfahrungen ihrer Voruntersuchung leitet sie ab, wie die Veränderung in sinnvoller Weise geschehen könnte.

Die anschließende Diskussion zeigte deutlich, an welchem Punkt viele Lausitzer stehen: Wenige Beiträge beschäftigten sich mit Stärken, Ressourcen und tatsächlichen Zukunftsvisionen; die Mehrheit der Beiträge spiegelte die Sorgen und Verlustängste für die Zukunft wider, nach dem Motto »ohne Braunkohle verschwindet der Wohlstand« bzw. »mit der Braunkohle verschwindet meine Heimat und das Trinkwasser«. Wenigen gelang es, sich von der Braunkohle als dem bestimmenden Faktor auch für die Zukunft gedanklich zu lösen (vgl. »Lock-In«-Effekt). Die Atmosphäre war geprägt vom Festhalten an Problemen und Argumenten, die man in Bezug auf Diskussionen um die Zukunft mit und ohne Braunkohle von beiden Seiten immer wieder hört. Gegensätzliche Beiträge standen bestenfalls nebeneinander, Bemühen um ein echtes Verständnis für die Gegenseite war extrem selten zu spüren. Eine Ausnahme bildete hier der Redebeitrag eines jungen Vattenfallmitarbeiters, der versuchte, Brücken zwischen den gegensätzlichen Polen zu bauen und gemeinsame Interessenlagen aufzuspüren.

»Lock-in«-Effekt
= Eine vermeintliche Stärke verstellt den Blick auf Neues.
Auf die Lausitz bezogen hieße das: Die Region und vor allem die lokale Wirtschaft »hängen« an der Bergbauindustrie »fest« und können so andere Potentiale im und für den Strukturwandel nicht heben.

Abgesehen von diesem Beitrag hatte ich den Eindruck, dass viele Anwesende sich sehr schwer taten, über eine möglicherweise gelingende und gute Zukunft in der Lausitz zu sprechen, weil ihre Sorgen und Ängste und die aktuellen Problemlagen ihnen den Blick verstellen. Neuerungen und Veränderungen schienen extrem bedrohlich.
Auch schien immer wieder durch, wie sehr viele Bürger sich von »oben« im Stich gelassen fühlen. Nur Wenigen gibt dies die Kraft und Freiheit, selber loszulegen. Wie zum Beispiel dem Oberbürgermeister Weißwassers, der selbst die Vernetzung nach Polen und Brandenburg auf Gemeindeebene in die Hand nimmt. Eher scheint diese Situation die Menschen in ihrer Einsamkeit und Verlassenheit zu bestätigen und noch weiter zu blockieren.

Fazit: Für mich zeigten sich an diesem Abend mehrere Dinge: Eine Diskussion über die Zukunft, die wir – die Menschen in der Lausitz – wollen ist schwer: Für viele Menschen steht das Gefühl, in Zukunft nur verlieren zu können (ob Arbeitsplatz, Heimat, Sicherheit, Wohlstand) im Vordergrund. Wenige gehen davon aus, dass sie in Zukunft dazugewinnen können. Dies zeigt, wie hoch der Druck in der Region ist und wie hoffnungslos für viele die Zukunftsperspektive. Angst verengt den Blickwinkel, lässt ungeduldig und aggressiv werden. Höchste Zeit also, dass – wie schmerzlich auch immer – die respektvolle offene Debatte um Zukunftsperspektiven in der Lausitz beginnt.


Handlungsempfehlungen der beiden Studien (Auswahl):

Forschungs– und Konzeptstand zur zukünftigen Entwicklung der Lausitz

Erstellung von Zukunftsszenarien
Untersuchung drei möglicher Szenarien mit einem mittelfristigen Horizont (2030) und langfristiger Perspektive (2050+). Szenario A: es geht weiter wie bisher, Szenario B: die Wirtschaft der Lausitz diversifiziert sich (es gibt viele verschiedene Branchen und Unternehmen), Szenario C: die Lausitz wird nachhaltige Wirtschaftsregion und steigt aus der Braunkohle aus.

Anpassung von Standards für den ländlichen Raum
Könnten Schulen im ländlichen Raum kleinere Klassen/klassenübergreifend unterrichten um kurze Fahrtwege für Schüler zu erhalten? Können Straßen kleiner gebaut werden, als im städtischen Umfeld? Und können Kommunen dadurch Geld einsparen und für wichtigere Aufgaben bereithalten?

Beteiligung der Menschen vor Ort
Vor allem Beschäftigte aller Sparten mit einbeziehen, um Fertigkeiten, Talente und kreatives Potential zu sichten. Wie kann dies bei einem Veränderungsprozess eingebunden werden? Austausch über die Ergebnisse mit den Menschen vor Ort – z.B. in Tischgesprächen.

Entwicklung eines Masterplans
Mit dem Fokus auf der Entwicklung der gesamten Region (neben der Nutzung von Bergbaufolgelandschaften). Dieser Masterplan soll Ergebnis des gesamten Forschungsprozesses sein und alle Beteiligten (vom Forscher über den Bürgermeister bis zur Privatperson) sollen sich auf ihn einigen können.

Plan A für die Lausitz

Vernetzung und Kommunikation
Es gibt schon viele Akteure, die sich in der Lausitz mit dem »Guten Leben« beschäftigen. Allerdings reicht bei keiner Gruppierung oder Institution die Kraft, einen breiten Prozess für die Region anzustoßen. Hier wird Begleitung und Unterstützung benötigt.

Ganz oder gar nicht
Viele Menschen haben es satt, sich von kurzfristigem Projekt zu Projekt zu hangeln. Einen zukunftsorientierten Strukturwandel zu beginnen, ist nur erfolgversprechend, wenn allen Beteiligten klar ist, dass auf eine langfristige Perspektive hingearbeitet wird.

Nicht nur denken, sondern vor allem gestalten
Lieber einen Prototyp ausprobieren und aus den Fehlern lernen, als übermäßig viel Kraft und Energie zu verwenden, lange theoretisch darüber zu grübeln.

Abhängigkeiten vermeiden
Eigene Ressourcen für die Finanzierung von Projekten auftun, und sich nicht auf die öffentliche Hand bzw. Hauptsponsoren verlassen. Sonst können Verhandlungen über die Gestaltung des »guten Lebens« auf Augenhöhe mit Politik, Verwaltung und Wirtschaft nicht stattfinden.


Zum Thema Trinkwasser von Oberbürgermeister Pötzsch:
Die bisher durch drei verschiedene Gutachten als wirtschaftlichste Lösung bezeichnete Trinkwasserleitung von Sdier nach Boxberg stehe zur Zeit wieder infrage. Das Land Sachsen bevorzuge möglicherweise die Trinkwasserversorgung durch die Elbaue/Ostharz GmbH. Er habe dafür keine sinnvolle Erklärung, außer dass bei einem Blick in die Personalsituation der Elbaue/Ostharz GmbH Verbindungen zur sächsischen Regierung feststellbar seien. Den Großteil der Kosten für eine neue Trinkwasserversorgung sollen aktuell (Stand: Redaktionsschluss) die Stadtwerke Weißwasser zahlen, und somit letztendlich jeder Kunde der SWW.

Zum Thema Feld Pechern von Verbandsrätin und Landtagsabgeordnete Kathrin Kagelmann (LINKE):
Die Abwägung in Bezug auf das Feld Pechern lautete, dass es nicht in Anspruch genommen werden könne, da ein Truppenübungsplatz für das Allgemeinwohl höher einzustufen sei als die Verstromung der Braunkohle.